Qualzucht Hype auf Instagram & Co

In den letzten Wochen habt ihr auf meinem Instagram Account in den Stories immer wieder Inhalte zum Thema Qualzucht sehen können. Es gab ein paar Umfragen und auch die Auswertungen habe ich euch gezeigt.

Es geht um die gesundheitlichen Einschränkungen oder besser ausgedrückt die massiven Erkrankungen bei Hunden mit Qualzuchtmerkmalen. Zu diesen Hunden gehören vorrangig Rassen, deren Köpfe so klein und deren Schnauzen so kurz gezüchtet wurden, dass sie kaum noch atmen können. Besonders stark betroffen sind der Mops, die französische und englische Bulldogge, der Boston Terrier und der Pekinese. Der Trend dieser Rassen hält ungebrochen an und es existieren etliche Züchter, die diese Tiere anbieten. Zusätzlich boomt der Welpenhandel im Internet, oftmals mit bereits kranken Tieren, ohne Papiere, ohne Impfungen usw. Aber illegaler Welpenhandel soll in diesem Beitrag nicht das Hauptthema sein, auch wenn es sich lohnt dazu auch mal was zu verfassen.

Bilder von Qualzuchten ungeniert im Internet zeigen

Als ganz besonders erschreckend empfinde ich die ungefilterte Zurschaustellung von offensichtlich an Qualzuchtmerkmalen leidenden Tieren im Internet. Besonders betroffen ist die Bilderplattform Instagram, aber auch auf TikTok usw. werden leidende Tiere gezeigt. Auf diesen Accounts finden sich massenweise tolle und professionelle Fotos von traurig in die Welt blickenden französischen Bulldoggen und Möpsen, die alle mit dem Stempel „freiatmend“ natürlich total gesund und fröhlich ihr Hundeleben leben dürfen. Die Tiere werden dabei aufgenommen, wie sie im Sitzen einschlafen und darunter finden sich unzählige Kommentare, wie süß und witzig die Hunde doch seien. Und sowieso die perfekten Begleithunde sind. Kein einiger, nicht mal die Halter selbst, erkennen dass die Hunde versuchen im Sitzen zu schlafen, weil ihnen im Liegen der Erstickungstod droht. Bedingt durch die extrem verkürzte Schädelform, haben die Atemwegsorgane keinen Platz mehr, liegen extrem zusammengequetscht im Hals-Rachen Raum und erschweren den Hunden die natürliche Atmung. Bei sommerlichen Temperaturen und körperlicher Beanspruchung droht der Kollaps.

Unterschied zwischen der Position der Atemwegsorgane beim normalen Hund und im Schädel einen kurzköpfigen Hundes
Mops mit brachycephalem Atemwegssyndrom

Es kursieren auch etliche Bilder und Videos von kurzköpfigen Hunden, die mit Bällen oder anderen Spielzeugen im Maul einschlafen. Auch das wird als besonders niedlich empfunden und offen zur Schau gestellt – auch hier erkennt wieder keiner den Hilferuf der kleinen Kreaturen indem sie sich anhand eines Gegenstandes im Maul die Atemwege versuchen frei zu halten, um im Schlaf nicht zu ersticken.

Qualzucht betrifft aber nicht nur Hunderassen, die Probleme mit dem Atmen haben und folgend am Brachycephalen Atemwegssyndrom leiden, sondern auch andere Rassen. Schwerwiegende gesundheitliche Probleme treten auch bei besonders groß oder klein gezüchteten Rassen, wie der Deutschen Dogge oder dem Chihuahua und den gerade wahnsinnig gehypten Zwergzüchtungen namens TeaCups auf. Die Liste der Erkrankungen ist lang und fängt bei schweren Deformationen des Knochenbaus und der Gelenke an und endet bei offenen Schädeldecken und herausploppenden Augen.

Die Merle-Mutation – auch hier ist Qualzucht ein Problem

Auch die außergewöhnlichen Merle-Schecken mit hellen Augen, wie man sie von Hütehunden wie Collies und Australian Shepherds kennt, sind gerade total en vogue. Die Merlezeichnung ist allerdings ein Gendefekt und kann starke Beeinträchtigungen der Sinnesorgane mit sich bringen. Weil die bunten Hunde mit den hellen Augen aber als besonders schön empfunden werden, sind sie in viele Rassen eingezüchtet worden.

Tonka ist ein heterozygoter Träger des Merle-Gens

Mittlerweile gibt es Merle-Möpse, Merle-Doggen, Merle-Dackel, Merle-Labbis, Merle-Chihuahuas usw. Diese mischerbigen Merle-Schecken haben ein hohes Risiko bereits von Geburt an taub zu sein und an Störungen im Innenohr zu leiden. Dies macht Schwimmen und Autofahren für die Tiere unmöglich.

Einkreuzung von Merle-Mutationen in die Rassen Dackel und Englische Bulldogge

Ganz dramatisch wird es, wenn zwei mischerbige Tiere, also heterozygote Träger mit dem Merle-Gen verpaart werden. Dann entsteht mit statistischer Wahrscheinlichkeit von 25% nach den Mendschel`schen Gesetzen, der sogenannte Double-Merle Effekt oder auch „Weißtiger“ genannt. Die Nachkommen dieser Verpaarung sind oftmals gar nicht lebensfähig und überstehen die Welpenzeit nicht.

Die „Weißtiger“ sind homozygote Träger der Merle-Mutation und haben schwere Missbildungen wie Blindheit, Taubheit, Augenmissbildungen und weitere schwere Defekte, die ein normales Hundeleben vollständig unmöglich machen. Diese Tiere gelten als schwere Qualzuchten und die Zucht ist natürlich verboten. Trotzdem passiert es immer wieder, dass uninformierte Menschen Tiere verpaaren und „Weißtiger“ geboren werden.

Beispiele für starke Missbildungen von Double-Merle Trägern

Tonka trägt ja auch das Merle-Gen. Seine Mutter ist ein Blue-Merle Australian Shepherd und sein Papa ein Husky. Die Mutter hat ihm das Merle-Gen vererbt und daher ist sein Fell grau-meliert und gescheckt. Zum Glück hat Tonka dunkelbraune und keine blauen Augen. Einige seiner Geschwister haben allerdings blaue Augen und ich bin froh, dass wir uns damals vor sieben Jahren für einen braunäugigen Welpen entschieden haben. Er zeigt bisher keinerlei Anzeichen von gesundheitlichen Auswirkungen der Merle-Mutation. Allerdings war auch von vornherein klar, dass Tonka keine Nachkommen zeugen wird, da er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Merle-Gen vererben würde. Und natürlich weil es keiner weiteren, beabsichtigt gezüchteten Hunde bedarf.

Nicht alle mischerbigen Merle-Schecken sind von Geburt an krank oder erkranken im Laufe ihres Lebens daran. Großen Einfluss daran hat auch der Weißanteil. Tiere mit geringerem Weißanteil neigen seltener zu Blindheit, Taubheit und Störungen des Innenohrs. Ausgeschlossen ist eine Erkrankung aber nicht.

Tonka ist ein mischerbiger Blue-Merle

Es existieren noch weitere zuchtbedingte Probleme bei vielen verschiedenen Rassen, die ich hier nicht alle in diesem Beitrag erwähnen kann. Mein Ziel ist es, euch für das Thema zu sensibilisieren und ganz genau hinzuschauen, ob ein potenzieller Hund womöglich ein Opfer von Qualzucht ist.

Hinterfragt, seid kritisch, glaubt nicht alles was sich gut anhört oder süß aussieht!

Was man ganz klar sagen kann:

Die Rassen Mops und französische Bulldogge gibt es nicht in gesund.

Alle diese Tiere, auch die modischen Retromöpse oder auch altdeutsche Möpse genannt, sind Opfer von Qualzucht. Durch jahreslanges Reinzüchten mit den immer „schönsten“ bzw. typischsten Elterntieren ist der gesamte Genpool dieser Rassen nicht als gesund oder freiatmend zu bezeichnend. Das buzzword „freiatmend“ ist ein Werbeschlagwort, eine Marketingstrategie. Mit einem Schädel, wie ihr in oben im Text auf dem Röntgenbild sehen könnt, ist es unmöglich „freiatmend“ zu sein.

Zu den Atemproblemen kommen noch diverse andere Erkrankungen wie Patellaluxationen. Das ist eine extrem schmerzhafte Verschiebung der Kniescheiben, die bei diesen Rassen sehr häufig und wiederholt auftritt. Auch aufgewölbte Wirbelsäulen, Keilwirbel usw. machen diesen Tieren zusätzlich das Leben schwer.

Bevor ihr euch für einen Hund dieser Rassen entscheidet, fragt euch ob ihr diesen Trend wirklich mitmachen müsst!?

Die Nachfrage bestimmt auch hier den Markt, denn wenn keine Möpse, Merle-Schecken und TeaCup Hunde etc. mehr angefragt, bestellt und erworben werden, dann werden sie irgendwann auch nicht mehr in dieser Menge und in diesem Umfang gezüchtet. Und das Leid vieler weiterer Exemplare kann also verhindert werden, indem ihr euch einfach für einen gesunden und nicht-behinderten Hund entscheidet. Die Tierheime sind voll mit wunderbaren, lebenslustigen und treuen Hunden. Das clownartige Wesen, die außergewöhnliche Fellfarbe, die Größe und das knuffig-lustige Kindsköpfchen dürfen keine Argumente für lebenslanges Leiden sein.

In diesem Sinne …Ciao mit Wau

Lu & Tonka

Bilderquellen: Stockfotogalerie von Canva